kn-online: Presseartikel vom 09. August 2019:

 

Übernachten in Reesdorf

Legales Wildcampen im Eidertal

 

Idyllisch und mitten in der Natur dürfen Camper sonst eigentlich nicht ihr Zelt aufschlagen. Bei Reesdorf im Landschaftsschutzgebiet Oberes Eidertal geht das aber sehr wohl - jedenfalls für eine Nacht: Die Stiftung Naturschutz hat hier einen Übernachtungsplatz für legales Wildcampen ausgewiesen.

 

Von Sven Tietgen

 

Camper Helge Keipert wünscht sich noch mehr Übernachtungsplätze von der Stiftung Naturschutz wie hier in Reesdorf für legales Wildcampen und den Schlummer unterm Sternenhimmel. Quelle: Sven Tietgen

Reesdorf

Duschen gibt es nicht, auch ein Klo ist in der kleinen, ehemaligen Kieskuhle im Landschaftsschutzgebiet Oberes Eidertal nicht zu finden. Wanderer und Radfahrer schlagen ihr Zelt trotzdem gern auf dem Übernachtungsplatz bei Reesdorf auf – denn das Fleckchen liegt idyllisch mitten in der Natur.

 

Übernachtungsplatz für legales wild Campen

Verborgen hinter einer Hecke, aber trotzdem nur wenige Meter entfernt vom Wanderweg durch das Landschaftsschutzgebiet lädt der Übernachtungsplatz zum kurzfristigen Campen ein. In diesen Tagen geben sich dort offenbar die Naturfreunde die Klinke in die Hand. Am Mittwochabend schlug ein Pärchen ihr Zelt auf der Wiese auf und machte es sich auf Isomatte und im Schlafsack bequem. Den von der Stiftung Naturschutz eingerichteten Schlafplatz hatten die jungen Leute, die ungenannt bleiben wollten, im Internet entdeckt. „Wir wollten wissen, wie es rechtlich mit Wildcampen im Land aussieht und sind dann auf die Übernachtungsplätze gestoßen“, erzählten sie.

Das Paar hatte morgens einen anderen Wanderer abgelöst, der die Nacht zuvor ein Zelt für den Schlummer unter freiem Himmel aufgebaut hatte. Die Lage im Landschaftsschutzgebiet, in dem Auerochsen und Konik-Wildpferde umherziehen, findet das Duo sehr schön. Für Helge Keipert, der am Donnerstag mit seinem Rucksack über das Gelände stiefelte, ist das korrekte Verhalten der Nutzer viel wichtiger. „Die Leute sollten ihren Müll mitnehmen und vor allem ihre Exkremente vergraben“, sagte der Reesdorfer. Er hatte beim Wandern durch das Eidertal vor einigen Jahren das Hinweisschild der Stiftung am Rand des Übernachtungsplatzes entdeckt.

 

Stiftung Naturschutz hat 21 solcher Flächen ausgewiesen

Vor fünf Jahren wurde das Fleckchen im Rahmen des Projekts Wildes Schleswig-Holstein von der Stiftung Naturschutz und dem Umweltministerium in Kiel freigegeben – zusammen mit damals rund zwölf anderen Arealen im Land. Mittlerweile ist die Zahl auf 21 angewachsen, unter anderem sind Flächen an der Olendieksau bei Langwedel sowie in Trappenkamp und Lütjenburg ausgewiesen.

Auch Privatleute stellen dafür ihre Flächen zur Verfügung. Ziel war und ist, dass die Menschen durch legales Wildcampen abseits von offiziell ausgewiesenen Plätzen in die Natur gelockt werden. Weil sich Naturfreunde und Wanderer für die kostenlosen Plätze nicht anmelden müssen, gibt es keine Übernachtungszahlen. „Eine Reihe von Nutzern hat uns aber Rückmeldungen geliefert, durch die Bank waren die Leute sehr angetan von dem Angebot“, sagte Thomas Voigt, Sprecher der Stiftung Naturschutz.

 

Camper wünscht sich noch mehr solcher Plätze

Auch Helge Keipert findet die Idee mit dem legalen Wildcampen gut. „Schön wäre, wenn es noch mehr Übernachtungsplätze geben würde, dann könnte man Rad- und Wandertouren daraus entwickeln“, schlägt Keipert vor. Vorbild für ihn ist Dänemark, das über ein dichtes Netz an Naturcampingflächen verfügt. Für die Stiftung Naturschutz sind die Verhältnisse in Dänemark oder auch Schweden aber nicht auf Schleswig-Holstein übertragbar. „Bei uns ist das Land einfach dichter besiedelt“, so Thomas Voigt.

 

Camper Helge Keipert wünscht sich noch mehr Übernachtungsplätze von der Stiftung Naturschutz wie hier in Reesdorf für legales Wildcampen und den Schlummer unterm Sternenhimmel. Quelle: Sven Tietgen

Aus den Kieler Nachrichten/kn-online vom 09.08.2019 (ae/13.08.2019)

Minister Habeck übernachtet für das Projekt  "Wildes Schleswig-Holstein" in Reesdorf

Aus den Kieler Nachrichten vom 14. August 2014:

 

Minister allein im Zelt

Habeck testet die Natur

Von Lutz Timm
 
Ein Startplatz mit Symbolcharakter: Am Fuß des Fernsehturms im Vieburger Gehölz in Kiel, quasi ein letztes Zeichen der Zivilisation, startete Umweltminister Robert Habeck (Grüne) Mittwoch Abend die Jungfernwanderung zum ersten ausgewiesenen Übernachtungsplatz im Rahmen des Pilotprojekts „Wildes Schleswig-Holstein“.
 
Foto: Umweltminister Robert Habeck und Veronika Breuer von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein kontrollieren den Weg auf der Karte.

Umweltminister Robert Habeck und Veronika Breuer von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein kontrollieren den Weg auf der Karte.

© Timm
 

Der Platz bei den Eiderkaten nahe Reesdorf bei Bordesholm liegt auf einer Fläche der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und ist die erste von fünf geplanten Flächen, auf denen Wanderer und Radfahrer inmitten freier Natur übernachten können.

 

 „Einen besseren Job kann man als Minister gar nicht erledigen“, sagte Habeck über die Aufgabe, die vor ihm lag: eine 17 Kilometer lange Route durch die idyllischen Niederungen des Eidertals und am Ende eine Nacht alleine im Zelt. „Ich kann die Natur Schleswig-Holsteins als erlebbaren Raum durchwandern, da fühle ich mich frei.“ Vorbereitet sei nichts, er wolle die Strecke erleben – „so ehrlich wie eine Wanderung nur sein kann“. Bepackt mit vollständiger Campingausrüstung legte Habeck sofort ordentliches Tempo vor, gestand aber ein: „Die Verpflegung ist leider ein wenig auf der Strecke geblieben. Heute Abend gibt es Käsebrot.“

 

 Für Habeck ist das Pilotprojekt eine Herzensangelegenheit: „Naturschutz wird von den Menschen häufig als Eingrenzung, als ordnungspolitische Maßnahme wahrgenommen.“ Das solle durch das „Wilde Schleswig-Holstein“ geändert werden. „Wir wollen, dass die Menschen ihre Freiheit ernst nehmen und die Plätze in der freien Natur nutzen. Je mehr Wildheit man in Schleswig-Holstein erleben kann, umso besser.“ Auch wenn viele Widerstände erst überwunden werden mussten, glaubt er an einen Erfolg. „In Dänemark werden ähnliche Flächen vom Staat mitgetragen, und es funktioniert.“

 

 Veronika Breuer von der Stiftung Naturschutz hofft, dass sich langfristig auch Privatpersonen und andere Institutionen anschließen: „Unser Ziel ist es, eine Plattform aufzubauen, auf der Naturliebhaber verschiedene Plätze zum Übernachten finden können.

 

Im Internet finden sich weitere Informationen: wildes-sh.de

(Ae, 07/2019)